Auseinandersetzung um die Weltsysteme
Zu Galileis Zeit hatten die Wissenschafter verschiedene Modelle des Universums ausgearbeitet, die zueinander in komplizierten Beziehungen standen und "Weltsysteme" genannt wurden. Vor allem in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts tobte ein erbitterter Streit zwischen den Vertretern des kopernikanischen Systems (allen voran Kepler und Galilei) und den Verteidigern des geozentrischen Gedankens. Diese richteten sich nicht nur nach dem antiken Vorbild, sondern auch nach dem neuen Weltsystem von Tycho Brahe.
Das geozentrische Weltsystem
Das traditionelle geozentrische und geostatische System wurde von der Lehre des Ptolemäus abgeleitet. Im Mittelpunkt befinden sich die sublunaren Sphären aus Erde, Wasser und Feuer. Darüber dann die himmlischen Sphären
- Zuerst die sieben Sphären der Planeten: Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter und Saturn
- Dann die Sphäre der Sterne
- Zuallerletzt die Sphäre der Urbewegung, die den anderen himmlischen Sphären die tägliche Umdrehung ermöglichte.
Die Illustration aus den externe Seite "Disquisitiones mathematicae" (1614) von Christoph Scheiner (1573–1650) zeigt ein vereinfachtes Weltsystem, das der Mathematiker Cristoforo Clavio (1537–1612) erdacht hatte. Es entspricht weder dem Original von Aristoteles noch demjenigen des Ptolemäus. Unter den Traditionalisten schwelte seit Jahrhunderten ein Konflikt zwischen zwei Denkrichtungen. Die einen verliessen sich einzig auf die Mathematik und akzeptierten das Modell des Universums nur als Hypothese zur Berechnung von Sternen und deren Positionen. Die anderen, die sogenannten philosophischen Astronomen, suchten nach einem der physischen Wirklichkeit entsprechenden Modell.
Das Weltsystem des Tycho Brahe
Der dänische Astronom Tycho Brahe (1546–1601) entwickelte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein Modell, das ein geozentrisches und ein heliozentrisches System kombiniert. Rund um die bewegungslose Erdkugel in der Mitte des Universums bewegt sich der Mond in einem Monat, die Sonne in einem Jahr und um letztere ziehen die Planeten ihre Kreise. Die sogenannte Sternensphäre ist verantwortlich für die tägliche Umdrehung. Dieses Modell, das trotz Geozentrik sehr verschieden ist von den antiken Vorbildern, beruhte auf der Annahme, dass die diversen Himmelssphären aus flüssiger Materie bestanden. Es wurde auch von Galileis Erzfeind Christoph Scheiner verwendet.
Das kopernikanische Weltsystem
Im Weltsystem des Mathematikers Nikolaus Kopernikus (1473–1543) ist die unbewegliche Sonne das Zentrum des Universums. Ebenso unbeweglich ist die Sternensphäre, die das Universum umschliesst. Um die Sonne kreisen die Planeten in folgender Reihenfolge: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn. Die Erde rotiert in 24 Stunden um ihre eigene Achse und bewegt sich – zusammen mit ihrem Satelliten, dem Mond – in einem Jahr einmal um die Sonne. Das kopernikanische Weltbild, veröffentlicht im Jahr 1543, wurde von der katholischen Kirche 70 Jahre lang geduldet, also bis ins Jahr 1616. Umso vehementer wurde es während des 16. Jahrhunderts in protestantischer Umgebung abgelehnt, besonders heftig durch den Reformator Philipp Melanchthon (1497–1560).
Die beiden Weltsysteme im Vergleich
Im Aschermittwochsmahl (La Cena de le Ceneri, 1584) von Giordano Bruno (1548–1600) erschien diese Illustration, mit der Bruno aufzeigt, wie das ptolemäische Weltsystem – nur indem man Erde und Mond an die Stelle der Sonne setzt und die Sonne selber ins Zentrum des Universums, also anstelle von Erde und Mond rückt – zum kopernikanischen System wird.