Streit zwischen Abakisten und Algoristen
Der Mensch war von jeher bestrebt, sich durch technische Hilfsmittel das Leben zu erleichtern. Auch beim Zählen und Rechnen war dies nicht anders. So wurde das Rechenbrett (Abakus) über Jahrtausende hinweg in unterschiedlichen Formen gebraucht. Auch heute noch kommt der Abakus in Ostasien, Indien und Russland zum Einsatz.
Im 13. Jahrhundert gelangte das in der arabischen Welt gebräuchliche schriftliche Ziffernrechnen zuerst über die Araber und dann durch Leonardo von Pisa, genannt Fibonacci, ins Abendland. Fibonacci versuchte in seinem "Liber abaci", dem "Buch der Rechenkunst", vor allem die Kaufleute vom grossen Nutzen der indoarabischen Rechenkunst zu überzeugen.
Ideologische Auseinandersetzung bis zur Französischen Revolution
Jedoch setzten sich Behörden und Kirche der breiten Einführung des Ziffernrechnens entgegen. So wurde in verschiedenen italienischen Städten noch um 1300 verboten, die indisch-arabischen Zahlen in Verträgen und offiziellen Dokumenten zu verwenden. Damit begann eine jahrhundertelange ideologische Auseinandersetzung zwischen den Abakisten, die dem Rechenverfahren mit dem Abakus anhingen und weiterhin römische Zahlen verwendeten, und den Algoristen, den Anhängern des schriftlichen Rechnens mit den indisch-arabischen Ziffern und der Stellenwertschreibweise. Erst im Zuge der Französischen Revolution von 1789, als der Abakus aus Schulen und Verwaltungen verbannt wurde, konnten sich die indisch-arabischen Ziffern dann endgültig überall in Europa durchsetzen.
Das anachronistische Bild aus "Margarita philosophica nova" zeigt zur Rechten den altgriechischen Gelehrten Pythagoras als Vertreter der Abakisten mit einem Rechenbrett. Links ist der spätrömische Philosoph Boethius zu sehen, der bereits mit den neuen indisch-arabischen Ziffern rechnet und zu den Vertretern der Algoristen zählt. In der Mitte ist die Arithmetica, die den Streit zwischen Abakisten und Algoristen zu Gunsten der Algoristen entschieden hat.