Wilhelm Conrad Röntgen (1845–1923)
Physiker
Wilhelm Conrad Röntgen erblickte am 25. März 1845 in der preussischen Kleinstadt Lennep als Sohn eines rheinländischen Tuchhändlers das Licht der Welt. Vermutlich aus geschäftlichen Gründen zog die Familie 1848 in das niederländische Apeldoorn. Nach dem Abschluss einer Privatschule setzte Röntgen ab August 1862 seine Ausbildung an der Technischen Schule in Utrecht fort. Dort wurde ihm allerdings aus disziplinarischen Gründen nach zweijähriger Schulzeit trotz ausgezeichneter Zeugnisse das Abitur verweigert.
Bewerbung am Eidgenössischen Polytechnikum
Die daraus und aus einer misslungenen Zulassungsprüfung resultierende Unmöglichkeit in den Niederlanden ein vollwertig anerkanntes Studium zu absolvieren, veranlasste ihn – nach einjährigem Aufenthalt als Gasthörer an der Universität Utrecht – zu einer Bewerbung am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich.
Aufnahme am Eidgenössischen Polytechnikum
Das Polytechnikum verlangte grundsätzlich eine bestandene Aufnahmeprüfung als Zulassungsbedingung für ein Studium. Trotzdem wurde Wilhelm Konrad Röntgen aufgrund seines «reiferen Alters» von 20 Jahren und seiner «vortrefflichen Zeugnisse namentlich in den mathematischen Fächern der technischen Schule in Utrecht» im Wintersemester 1865/66 prüfungsfrei als Student in die mechanisch-technische Schule (Abteilung III) aufgenommen (ETH-Bibliothek, Hochschularchiv der ETH Zürich, EZ-REK 1/1/1837, Matrikel Wilhelm Conrad Röntgen, Brief von Moritz Schröter an Gustav Zeuner vom 23. November 1865). Mit dem Erhalt eines Diplomes als Maschinenbauingenieur am 6. August 1868 beendete Röntgen sein erstes Studium drei Jahre später.
Aufbaustudium bei August Kundt
Er vertiefte seine Kenntnisse mit einem Aufbaustudium in Physik bei dem nur sechs Jahre älteren Professor August Kundt. Die Begegnung mit Kundt sollte für den weiteren Verlauf seines Forscherlebens wegweisend werden. Am 22. Juni 1868 promovierte Röntgen an der benachbarten Universität Zürich mit der von Gustav Zeuner betreuten Arbeit «Studien über Gase», in der er sich mit der Verbindung von Thermodynamik und den Eigenschaften von Gasen befasste. Danach begleitete er seinen Mentor August Kundt 1870 als Assistent an die Universität Würzburg, wurde dort aufgrund des fehlenden Abiturs jedoch nicht habilitiert. Seine Habilitation erfolgte erst nach dem Wechsel beider Physiker an die Universität Strassburg am 13. März 1874.
Auslandaufenthalt
Zwei Jahre später wurde Röntgen, nach einem Intermezzo als Professor für Mathematik und Physik an der Landwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim, auf Anraten Kundts ebenfalls in Strassburg zum Extraordinarius und Leiter des zweiten Lehrstuhles für Physik ernannt. 1879 erhielt er eine ordentliche Professur an der Universität Giessen. 1888 berief ihn die Universität Würzburg als ordentlichen Professor für Physik und Leiter des Physikalischen Instituts.
Entdeckung der Strahlen
An dieser Universität entdeckte er am 8. November 1895 bei der – damals unter Physikern verbreiteten – Arbeit mit Kathodenstrahlröhren noch unbekannte Strahlen, die er in seiner kurz darauf veröffentlichten bahnbrechenden Publikation «Ueber eine neue Art von Strahlen», angelehnt an die Unbekannte in der Mathematik, X-Strahlen nannte. Frühe Fotografien von Handknochen belegten als erste «Röntgen-Aufnahmen» der Geschichte die Existenz der Strahlen und liessen deren medizinische Nutzung bereits erahnen. Fünf Jahre später wurde Röntgen bis 1920 Professor in München. Durch seine Entdeckung der im deutschen Sprachraum bald nach ihm benannten Röntgenstrahlung, die eine neue Ära der medizinischen Diagnostik und Therapie sowie der Strukturbestimmung von Kristallen und Molekülen einleitete, erlangte Wilhelm Conrad Röntgen Weltruhm und konnte am 10. Dezember 1901 den ersten externe Seite Nobelpreis für Physik entgegennehmen.
Weitere Entdeckungen
Über die Fachwelt hinaus weniger bekannt geworden sind weitere seiner wissenschaftlichen Leistungen: so gelang ihm die Bestätigung der von Kerr erwarteten Doppelbrechung von Flüssigkeiten im elektrischen Feld (Kerr-Effekt). In Giessen erbrachte er den Nachweis, dass in einem zwischen elektrisch aufgeladenen Kondensatorplatten bewegten Dielektrikum eine magnetische Wirkung entsteht, das heisst des von Hendrik Antoon Lorentz so benannten Röntgen-Stroms. Zudem gelang ihm der Nachweis des nach der Maxwellschen Theorie vorhergesagten Verschiebungsstromes.
Röntgen, der am 10. Februar 1923 in Giessen in Folge der Inflation unter ärmlichen Bedingungen verstarb, mied die öffentliche Anerkennung Zeit seines Lebens. So hielt er zu seiner Entdeckung der X-Strahlen nur einen einzigen öffentlichen Vortrag und lehnte die Einladung zu seinem Nobelpreisvortrag ab. Ebenso verzichtete er darauf, seine wertvolle Entdeckung patentieren zu lassen, was ihre Nutzbarmachung in verschiedenen Bereichen wohl beschleunigte.
Handschrift
Bestand
Das Hochschularchiv der ETH Zürich bewahrt die Matrikel von Wilhelm Conrad Röntgen auf. Darin befindet sich auch die Korrespondenz betreffend seines Aufnahmeverfahrens ans Polytechnikum. Über Röntgens Studium kann zusätzlich in der Plattform Schulratsprotokolle Online recherchiert werden.
Ein biographisches Dossier dokumentiert Leben, Werk und Rezeption zusätzlich in Form von Zeitungsartikeln und Nekrologen. Im Bestand Hs 733 findet sich ein Skript zu einem geplanten Dokumentarfilm über Wilhelm Conrad Röntgen von 1965/66.
Alle Nobelpreisträger der ETH Zürich auf einen Blick.