Ernst Kaiser (1907–1978)
Titularprofessor für Wirtschafts- und Sozialmathematik und «Vater» der AHV
Ernst Kaiser wurde am 13. Mai 1907 als Sohn von Theophil und Magdalena (geborene Mühlemann) in Rorschach SG geboren. Bevor er am Realgymnasium in St. Gallen die Matura ablegte, besuchte er die Primar- und Sekundarschulen in Rorschach. Er studierte von 1927 bis 1931 in Genf und Lausanne Mathematik. 1930 erhielt er das Lizentiat der mathematischen Wissenschaften und 1950 promovierte er an der Universität Genf.
Berufliche Erfahrungen
Erste berufliche Erfahrungen sammelte Ernst Kaiser zwischen 1931 und 1941 im Sekretariat des Völkerbundes in Genf. Er wechselte 1942 in das Eidgenössische Volkszählungsbüro, das heutige Bundesamt für Statistik. Dessen Direktor war von den Fähigkeiten Kaisers überzeugt und empfahl ihn dem Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherung, Dr. Walter Saxer. Der war gerade im Begriff, eine versicherungsmathematische Sektion im Hinblick auf die AHV-Gesetzgebung zu organisieren.
1943 trat Ernst Kaiser ins Bundesamt ein, für das er bis zu seinem Rücktritt 1974 tätig war.
Grundsteine für das heutige AHV-System
Im Laufe der Jahre schuf er die mathematisch-finanziellen Grundlagen der AHV, ebnete den Weg zu einer umfassenden, auf drei Säulen beruhenden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge und setzte starke Impulse zur Neuordnung der Krankenversicherung. Zu Beginn seiner Tätigkeit war das mathematische Instrumentarium nicht auf die Probleme der Praxis zugeschnitten. Mit seinen Forschungen hat Ernst Kaiser eine zusammenhängende Theorie der Sozial- und Wirtschaftsmathematik erst geschaffen. In internationalen Kreisen gilt er denn auch als Schöpfer der Sozialökonometrie. Für dieses Gebiet hat er sich 1966 an der ETH Zürich habilitiert, und im Mai 1973 verlieh ihm der Bundesrat für seine Verdienste um Unterricht und Forschung den Titel des Professors.
Expertentätigkeit
Ernst Kaiser wirkte auch als Experte in verschiedenen Kommissionen. Sein Wissen, seine Gabe, schwierige Probleme in Teilprobleme zu zerlegen und verständlich darzustellen, seine Fähigkeit, Lösungsvorschläge klar zu begründen, haben in vielen Fällen dazu beigetragen, in scheinbar ausweglosen Situationen die Verhandlungen in den Kommissionen wieder in Gang zu bringen. Ernst Kaiser nahm am 25. April 1978 als Experte an einer Tagung der ständerätlichen Kommission zur Vorberatung des Gesetzes über die zweite Säule teil. Während man sich im Parlamentsgebäude noch verabschiedete, brach Ernst Kaiser auf dem Bundesplatz zusammen und verstarb am 25. April 1978.
Handschrift
Werk
- Demographische und wirtschaftliche Rechnungsgrundlagen zur eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversicherung.
Aus: Mitteilungen der Vereinigung schweizerischer Versicherungsmathematiker 47 (1947), H. 1, S. 31–50, Bern: Stämpfli; 1947. - La distribution des revenus dans la technique mathématique de la sécurité sociale. Bern: Stämpfli; 1950.
- Mathematische Betrachtungen über die Ergänzungsleistungen zu AHV und IV.
In: Mitteilungen der Vereinigung schweiz. Versicherungsmathematiker, Bd. 64, Heft 2 (1964), S. 225–246, Bern: Stämpfli; 1964. - Die dynamische Relativität: ein Zentralproblem der Sozial- und Wirtschaftsmathematik.
In: Mitteilungen der Vereinigung schweizerischer Versicherungsmathematiker 74 (1974), H. 1, S. 29–56; 1974
Bestand
Der wissenschaftliche Nachlass Ernst Kaisers kann nach Voranmeldung beim Hochschularchiv der ETH Zürich im Lesesaal Sammlungen und Archive konsultiert werden. Das externe Seite Verzeichnis kann in der Research Collection eingesehen werden. Es kann, wie auch weitere Publikationen von und über Ernst Kaiser, im Suchportal der ETH-Bibliothek bestellt und ausgeliehen werden. Der Dienstnachlass Walter Saxers umfasst ein Gutachten über den Versicherungsmathematiker Ernst Kaiser (1965/66) und im externe Seite Nachlass Eduard Fueters befindet sich dessen Korrespondenz mit Ernst Kaiser (1967).